Jerusalem ist echt eine krasse Stadt.
Hier mischt sich alles, Touristen, Einheimische, Juden, Muslime, Christen.
Auch wenn man erstmal den Eindruck hat, dass alle miteinander zusammenleben, wird doch beim zweiten Blick klar, dass es eher ein getrenntes Nebeneinanderherleben ist.
Es gibt so viele schoene Gebaeude, Museen, unheimlich viele Kirchen aller moeglicher Richtungen, von denen ich noch nie was gehoert hatte. (na ja, nicht ganz so).
russisch-orthodoxe Kirche(erinnert mich sehr an Sagaland)
Damaskustor, Eingang zur Altstadt
Westjerusalem erinnert sehr an eine europaeische Stadt.
Die Leute kamen mir insgesamt lockerer, gelassener, offener vor als in Jordanien. Praktisch ist, dass die Israelis fast alle Englisch sprechen. In Ostjerusalem kann man ja Arabisch sprechen, aber wenn man dann im Westteil unterwegs ist oder mit Soldaten redet, dann ist es schon geschicker Englisch zu sprechen, wobei man das immer mal wieder vergass….
Wir haben die erste Nacht bei deutschsprechenden palaestinensischen Freunden von Johannes Eltern gewohnt- Nazmi und seine Familie haben uns ganz toll empfangen und waren die ganze Zeit ueber unsere Ansprechpartner. Nazmi weiss total viel und hat viel erlebt, kann dazu unheimlich gut erzaehlen. Er war im Gefaengnis, weil er mit 16 einen Schulverein gruenden wollte (und ist damit kein Einzelfall)…Jetzt arbeitet er in Ramalla in einem Institut, das er selbst mitgegruendet hat, welches sich um palaestinensches Kulturerbe bemueht, alte Gebaeude katalogisiert und projektweise restauriert, um sie danach sinnvoll zu nutzen, und ausserdem politisch aktiv ist.
Der erste Tag in Jerusalem, Nazmi und ich und....der Felsendom!
Den Rest der Zeit haben wir ein einem coolen Hostel in der Altstadt gewohnt, wo teilweise sehr illustre Gestalten anzutreffen waren :-)
Die Israelis seh ich jetzt in einem anderen Licht. War mir nie so klar, bzw. vor Augen gefuehrt, was hier eigentlich abgeht.
Staendig sind die Palaestinenser der staatlichen Willkuer ausgeliefert. Die Siedlungen in Ostjerusalem und in der Westbank, (die sich in einem Fall schon zu einer Stadt mit 18000 Einwohner entwickelt haben) sind komplett irr. Werden einfach in die Landschaft gepflanzt, oft umzaeunt, sehen unheimlich europaeisch aus und wirken deshalb total deplatziert.
Schlimm zu merken, was man sich alles ausdenken kann, um ein Volk zu schikanieren. Die Mauer, die Israel und Jerusalem vor selbstmordwilligen Palaestinensern schuetzen soll, schneidet gleichzeitig viele Menschen von ihren Grundstuecken ab, trennt Familien. Ist riesig und einfach ein Armutszeugnis.
Bethlehem ist voellig von der Mauer eingeschlossen, viele Menschen haben ihre Olivenplantagen verloren und vor ihr Fenster eine Wand gesetzt bekommen. Nach Jerusalem kommt man nur durch einen Checkpoint, an dem wir gesehen haben, wie unterschiedlich wir und die Palaestinenser behandelt werden. Katha hat ein anderes Mal miterlebt, wie ein ganzer Pulk warten gelassen wurde, es war einfach keiner da, bis auf den Soldaten, der oben mit einem Gewehr rumstiefelte. Als dann endlich jemand kam, wurden natuerlich zuerst alle Auslaender durchgewunken, waehrend die Einheimischen noch ausgiebigst untersucht wurden.
Planen ist unmoeglich, weil man nie weiss, was den Israelis als naechstes einfaellt, sagt Nazmi. Den Soldaten ist es egal, ob man einen Termin hat.
die Mauer in Bethlehem, das Gebiet vorne ist innerhalb der Stadt und zwischen den Mauern ausserhalb.
das haus ist von 3 seiten von der mauer umgeben...
Palaestinenser in Ostjerusalem haben keine richtige Staatsbuergerschaft, sondern israelische Reisepapiere und einen jordanischen Pass mit dem Vermerk „temporary“. Ihnen ist ein Grossteil des Westjordanlandes verboten, nach Israel koennten sie gehen.
Den Leuten in der Westbank ist es nicht erlaubt, Jerusalem zu besuchen.
Nazmis Schwiegermutter wohnt ziemlich nah der Mauer um Jerusalem, allerdings auf der aeusseren Seite, d.h. auf dem Gebiet der Westbank. Also darf sie ihre Tocher, die innerhalb der Stadt wohnt, nicht besuchen.
Wir haben ein Hotel direkt aussen neben der Mauer gesehen, das schliessen musste, weil keine Gaeste mehr kamen
Und ausserdem Haeuser in Ostjerusalem gesehen, die von den Israelis zerstoert wurden, weil sie illegal gebaut wurden, da einfach keine Baugenehmigung kam.
Wir waren an Weihnachten in
Bethlehem und es war relativ wenig los. Wahrscheinlich schon mehr als sonst und es lag sicher auch daran, dass die orthodoxen erst am 6.1. feiern, aber dennoch waren verhaeltnismaessig wenig Touristen da, was fuer die Einheimischen grosse finanzielle Einbussen bedeutet. Die ganze Stadt ist dekoriert mit von der Hamas bezahltem Weihnachtsschmuck und es stand an fast jeder Ecke Polizei. Auf dem Platz vor dem Bethlehem Peace Center (was herrlich mit schussbereiten Soldaten auf dem Dach geschmueckt war) und der Geburtskirche war einiges los und abends war sogar ein Konzert.
Die Geburtskirche selbst fand ich persoenlich nicht uebermaessig toll, ziemlich dunkel und viele griechisch-orthodoxe Lampen, Kitsch ueberall. Cool find ich, dass die Tuer niedrig ist, damit jeder sich buecken muss und keiner erhobenen Hauptes reinmarschieren kann.
Nebenan ist noch eine roemisch-katholische Kirche gebaut, in der grad eine Art Gottesdienst war mit tollen lateinischen Gesaengen, es waren naemlich ziemlich gleichzeitig mit uns einige hohe Kirchentiere angekommen, ein Patriarch und so. Einer hat mir sogar huldvoll zugewunken, als ich neugierig ins Auto geglotzt hab..dabei fand ich das begleitende Polizeiaufgebot samt berittenen Polizisten mit tollen Pferden(!!) viel spannender!
Wir waren in einem mehrsprachigen Gottesdienst in einer anderen Kirche dort, in dem auch der Probst dabei war. Ausserdem nach unserer Rueckkehr nach Jerusalem spaetabends in der Erloeserkirche in der Messe. Ich war ueberrascht, wie mir es gefallen hat. Vor allem die ganzen Lieder zu singen, ich hab immer drauf gewartet, dass endlich das naechste Lied kommt.
In
Hebron in der Westbank waren wir, dort war es krass zu sehen, wie die Stadt mit einzelnen juedischen Siedlungen durchsetzt ist, die teilweise blau-weisse Bordsteinkanten und ueberall Strassensperren und Militaerhaeuschen haben.
Im alten arabischen Suq ist nur noch ein Bruchteil der Geschaefte offen, weil juedische Siedler die Haeuser oberhalb der Geschaefte nach und nach besetzt haben und mit allen moeglichen Schikanen (Muell runterkippen etc) dafuer sorgten, dass kaum noch Leute zum Einkaufen kamen. Jetzt laeuft man durch gespenstisch leere Gassen, ueber einem sind Netze von einer Seite zur anderen gespannt, in denen noch Muell liegt. Die Siedler sind mittlerweile ausgezogen, jetzt verfallen die einst besetzten Haeuser nach und nach.
oben sieht man die netze, rechts und links die geschlossenen laeden..(rechts bin ich auch noch)
Es hat geregnet, spaeter geschneit und war bitterkalt, was fuer mich die eisige und traurige Atmosphaere noch verstaerkt hat. Nach diesem Ausflug war ich erstmal krank und lag mit Fieber im Bett.
Deshalb konnte ich nicht mit nach Masada (eine Festung am Toten Meer), wo die anderen am naechsten Tag hingefahren sind.
Von Israel haben wir kaum was gesehen, weil wir eher in Jerusalem (Museen, Kirchen, Yad Vashem, einfach rumgelaufen) und der Westbank unterwegs waren, was mir so auch viel besser gefallen hat..
Einmal jedoch waren wir noch am Mittelmeer in Caesarea und sind danach noch nach Yaffa bei Tel Aviv. Da hat es leider auch die ganze Zeit geregnet und wir konnten unserer Klamotten auswringen..brrrr.
in Caesarea, am Mittelmeer..die Tueten um die Schuhe wegen dem Regen..
Die Natur in Israel ist echt wunderschoen, sehr bewachsen und gruen. Von den Strassenverhaeltnissen her hat man wieder den Eindruck in Deutschland zu sein, denn es geht verhaeltnismaessig geordnet zu und alles ist gut ausgebaut. Fand, teilweise sogar besser als in Deutschland.
Blick von Yaffa nach Tel Aviv
Sehr spannend waren Ramallah und Nablus.
In
Ramallah waren wir 2 mal, auf dem Hin- und Rueckweg nach bzw. von Nablus. Beim ersten Mal hallten ploetzlich Schuesse durch die Stadt, was aber keinen zu stoeren schien und nur uns leicht verstoerte. Bei naeherem Anpirschen stellten wir fest, dass es sich um eine Demonstration wegen Saddams Hinrichtung handelte, bei der in die Luft geschossen wurde. Und wir standen daneben und mir war angst und bange, so was ist man halt nicht gewoehnt und wenn man es im Fernsehen sieht, dann kommt immer jemand dabei zu Schaden und man verknuepft so was automatisch mit Mord und Totschlag.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich drangewoehnt hatte, eine Frau hat uns noch versichert, dass das normal und ungefaehrlich ist, und dann fand ichs ueberaus spannend von ferne zuzugucken. Es entwickelte sich dann eine Art Parade mit Fahnen und Schuessen und es gab ein einziges Verkehrschaos.
Es war interessant zu sehen, wie die Leute ihren Protest ausgedrueckt haben und nur weil man als Europaeer gleich denkt, dass das alles „Terroristen“ sind, das so noch lange nicht stimmt. Es ist einfach eine andere, fuer uns ungewohnte Form, seine Meinung auszudruecken, die wir erstmal nicht verstehen koennen, weil wir aus einem ganz anderen Hintergrund kommen und die vielen Probleme und Sorgen der Menschen dort nicht haben und somit schwer nachvollziehen koennen. Bei uns geht es normalerweise ja nicht um solchen existenziellen Noete.
Und im Fernsehen sieht man immer nur die „armen, zivilisierten Israelis“, die gegen die allesamt „radikalen, islamistischen, terroristischen Araber“ vorgehen muessen, um Leib und Leben zu retten. Warum das so ist, kriegt man eher nicht mit.
Das will nicht sagen, dass ich alles gutheisse, was die Palaestinenser so treiben. Absolut nicht.
Ich finde nur, dass man zum einen nicht alle ueber einen Kamm scheren darf und zum anderen die Ursachen der ganzen Gewalt nicht ausser Acht lassen sollte.
Nablus
…war auch eine interessante Erfahrung. Wir haben 2 Naechte bei Jamal, einem Professor der dortigen Uni und befreundet mit Johannes Eltern ist, gewohnt. Ausserdem waren wir in seinem Dorf und haben seine Familie kennengelernt.
In Nablus gibt es verschiedene, auch linke Gruppierungen. Die Hamas ist fuer Westbank-Verhaeltnisse recht gut vertreten, man sieht ganz viele Fahnen, auch auf Moscheedaechern oder in Friedhoefen. Dazu kleben fast an jeder Strassenecke „Werbe“Plakate mit riesigen Waffen und Kerlen drauf, so was hab ich hier in der Form zum ersten Mal gesehen.
Wir liefen nach unserer Ankunft mit Jamal ein bisschen rum und ploetzlich fuhr ein Mofa dicht an mir vorbei, ein Typ sass drauf und schwenkte ein Gewehr (Kalashnikoff??) vor meiner Nase rum. Wenn ich jetzt auch etwas abgehaertet bin, hats mich doch ziemlich erschreckt, er schiens aber irgendwie amuesant zu finden..5 Minuten spaeter sind wir in einen Weg eingebogen, wo ein sehr junger Kerl wieder mit so ner Riesenknarre stand.
Das sind Momente, in denen man erstmal stutzt, weil man die Unterschiede so direkt vor Augen gefuehrt kriegt.
Das wars dann aber auch mit bewaffneten Begegnungen, ansonsten haben wir kaum Militaer gesehen. Die israelische Polizei kommt nur immer mal undercover, um Leute festzunehmen und dann kommts immer wieder zu Schiessereien, wenn sie auffliegen. Irgendwie auch gut, dass sie sich wehren, wenn auch heftig.
Die Gegend um Jamals Dorf, die Natur ist einfach toll hier, ich war total begeistert
Wir haben viel erlebt, mir wirds grad zuviel das alles zu schreiben. Ausserdem hat es sich irgendwie alles noch nicht so richtig gesetzt. Sobald wir wieder zurueck waren, fing die Arbeit an.
Examenszeit. D.h. die Kinder sind etwa eine Stunde in der Schule und sonst im Internet, …Wir sassen 2 Tage nur in der Family, weil es so nass draussen war, und haben Fernsehen geguckt und Spiele gemacht.. Gelernt wird nicht uebermaessig viel. Die Kleinen sind schon seit Tagen fertig mit den Examen, muessen aber trotzdem hierbleiben, kommen auch am Samstag doch nochmal, denn…. Der Koenig kommt am Montag!!!(vielleicht..)
Ausserdem ist Layal seit Dienstag krank und Bshara (ihr Mann), Johannes und ich pendeln immer irgendwie zwischen unseren beiden Familien. Dabei hab ich festgestellt, dass es ab und zu (oder auch immer oefter..)auch die grossen 9.Klaessler einen Scheiss interessiert, was ich sage.
Mit meinen Kleinen kam es auch mal wieder zum Eklat, als 2 es beim Essen auf die Spitze trieben und ich einfach nicht wusste, was tun. Manchmal steh ich hier da, wie der Ochs vorm Berg, und alles was mir blieb gestern, war die 2 zum Hausvater zu schleppen und dann zu Bshara zu gehen und zu heulen. Konnt einfach nicht mehr.
Zum Glueck geht das nicht nur mir so.
Bshara hat mir aber toll geholfen und alle zu ner Sitzung zusammengetrommelt und ihnen eine Standpauke gehalten. Das gabs bisher noch nie, dass Layal "oeffentlich" fuer alle klar gemacht hat, dass man auf mich auch hoeren muss. Insofern hat er mir in den 2 Tagen fast mehr geholfen, als sie jemals.
Und ich frag mich auch, obs nicht angenehmer waere, wenn sie bis zum Montag (da fangen die 3 woechigen Ferien an) daheim bliebe...
Der Felsendom....
machts gut...
susannah - 11. Jan, 15:47